Sternenkreuz
Wiederaufbau der evangelischen Kirche in Utting
Im Sommer 2021 ist die evangelische Christuskirche in Utting am Ammersee komplett abgebrannt. Die Ende der 1920er Jahre errichtete Holzkirche war eine der wenigen „Holzknüppelkirchen“ in Deutschland, angelehnt an Stabkirchen aus dem skandinavischen Raum. Während die Brandursache weiterhin ungeklärt blieb, ließ sich die Kirchengemeinde nicht entmutigen und schon bald standen die Pläne zum Neubau.
Dank mehrerer Spendenaktionen, Benefizkonzerte und Unterstützung befreundeter Gemeinden konnte mit der Planung bereits Anfang 2023 begonnen werden. Der Entwurf stammt vom Atelier Lüps, mit dem wir bereits 1988 den alten Kircheninnenraum gemeinsam umbauen durften. Für dieses Projekt wurde uns 1993 der bayerische Holzbaupreis verliehen. Nun arbeiten wir wieder mit dem Atelier zusammen, diesmal vertreten durch Mauritz Lüps, dem Sohn des damaligen Architekten und Bürogründers Wolf-Eckart Lüps – ein generationenübergreifendes Projekt.
Von außen erinnert der Entwurf für den Neubau stark an die ursprüngliche Holzkirche. „Wir bauen nicht um des Prestiges willen eine neue Kirche“, so Pfarrer Jochen Eberhardt in seiner Predigt zur Grundsteinlegung. Aus der Gemeinde gab es oft Rückmeldung, dass der neue Entwurf den Charakter der alten Kirche weitertragen soll. So soll auch die charakteristische waagerechte Holzverschalung aus halbierten Fichten-Rundstangen wieder zum Einsatz kommen.
Der neue, ebenerdige Kirchenraum mit rechteckigem Grundriss grenzt an die Sakristei an. Das Bestandsgebäude im Westen wird durch einen Gemeindesaal mit dem Hauptraum der Kirche verbunden.
Das Herzstück des Tragwerks bilden die beiden 1m hohen Firstpfetten aus Brettschichtholz, die im Dachhimmel das Kreuzsymbol aufnehmen. Sie überspannen den gesamten Kirchenraum und schaffen so eine flexibel nutzbare Fläche.
Die Komplexität und der besondere Anspruch der Konstruktion zeigt sich speziell in den Außenwänden quer zum Kirchenhauptschiff. Hier werden Holzsprengwerke in die Wände versteckt integriert. Diese leiten die Dachlasten konzentriert ab und schaffen gleichermaßen Platz für große Lichtöffnungen und einen offenen Übergang zum angrenzenden Gemeindesaal.
Durch das materialgerechte Konstruieren und den Einsatz moderner Technologien können auch die statischen Knotenpunkte der Sprengwerke als reine Holzverbindungen ausgebildet werden (mehr dazu im Video). Das zeigt beispielhaft den hohen Planungsanspruch, den Einsatz anderer Materialien wie Stahl auf ein Minimum zu reduzieren.
Auch im Inneren wird die Modernisierung sicht- und erfahrbar sein: Die gesamte Inneneinrichtung soll frei beweglich sein, sodass bei großen Gottesdiensten der Gemeindesaal hinzugenommen werden kann. Eine mobile Trennwand ermöglicht die schnelle Zusammenlegung der Räume, in denen mehr als 200 Menschen Platz finden sollen.
Auch ein neuer Glockenturm darf nicht fehlen. Dieser wird im oberen Bereich als Massivholzkonstruktion, und im Erdgeschoss aufgrund der Glockenschwingung, in Stahlbeton ausgeführt. Die Gemeindemitglieder erfreut besonders, dass trotz der Modernisierung die Glocke noch per Hand geläutet wird – eine Tradition, die erhalten bleibt.
Bauherr: Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Dießen-Utting
Entwurf: Atelier Lüps